Comment | Sehr gerne ;-))
In Deutschland sind Arbeitszeugnisse wirklich ein Kapitel für sich. Weil der Grundsatz gilt, dass da nichts Negatives drinstehen darf, werden negative Aussagen verklausuliert. Und die daraus resultierenden Probleme sind vielfältig: Es gibt leider keine anerkannte "Zeugnissprache", aber eine Reihe von Formulierungen haben sich eingebürgert. Auf eine einheitliche Interpretation kann man sich aber nicht verlassen (weder beim Schreiber noch beim Leser eines Zeugnisses). Viele (auch in Personalabteilungen) beherrschen die Feinheiten nicht und formulieren mit bestem Willen statt dem beabsichtigten besten "Einser-Zeugnis" ein vernichtendes Zeugnis der Note 4 (ist einem Freund in einem kleinen Unternehmen passiert - die fielen aus allen Wolken)
Und nur mal 2 nette Beispiele für die Komplexitiät (und Absurdität): Wird aufgezählt, dass der Mitarbeiter gegenüber Kollegen und Chefs immer freundlich, hilfsbereit und kooperativ war, ist das ein dickes Warnzeichen für den Leser: Der Typ hat seinen Chef massiv geärgert - bei wirklich positivem Verhalten muß der Chef an erster Stelle genannt werden....
Und wird am Ende dem scheidenden Mitarbeiter nur Glück gewünscht, heißt das, dass er das Glück auch nötig hat, weil er durch Leistung bestimmt nicht weiterkommt. Und damit deutlich wird, dass man nicht im Unfrieden auseinandergegangen ist, muß neben dem beruflichen Wunsch "WEITERHIN viel Erfolg" auch "persönlich alles Gute" gewünscht werden. Fehlt es: dicker Minuspunkt!
Also kann man m.E. nur eines versuchen: die allgemein unstrittig positiven Formulierungen verwenden, deren Vorhandensein erwartet wird ( und möglicherweise falsch interpretierbare Formulierungen vermeiden, sodass die beabsichtigte Aussage ankommt, egal ob es jemand mit "Zeugnissprachen-Brille" oder ganz unbefangen liest. So etwas möchte ich nicht übersetzen müssen... ;-)
Dir auf jeden Fall viel Glück und Erfolg in 2015 |
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