Lasst uns mal ein Thema, das im letzten Faden aufgekommen ist, vertiefen: die Fladentorte und die damit verbundenen Fladenzores.
Die Fladentorte ist eine Spezialität der jüdischen Küche, wie sie im jüdischen (Groß)Bürgertum des österreichischen Kaiserreichs gepflegt wurde. Dort wurde sie mit Mohn, Nüssen und gedünstetem Obst gefüllt und ihre Zusammensetzung war der Stolz der Hausfrau. Sie gilt bei manchen als Spezialität der Wiener Küche und wird heute noch in Budapest als Flódni besonders von koscheren Bäckereien gepflegt - wenn auch in einer "abgespeckten" Version bei der nur Apfel, Mohn und Nüsse als Füllung zugelassen sind. Wobei hier auch auf hohem Niveau gestritten wird, ob Powidl ebenfalls zulässig ist. Die junge Bäckerin vom Café Noé sagt ja, die ältere von der Konditorei Fröhlich, die Flódni als Entwicklung aus einer reinen Purimspeise sieht, sagt nein. In jedem Fall ist das heutige, wenn auch köstliche Überbleibsel der Fladentorte nur ein schwacher Abklatsch der Kunstwerke, die zur Hochzeit der Fladentorte, Anfang des 20. Jahrhunderts, gebildet worden waren.
Doch was sind die Fladenzores? Nun, Friedrich Torberg, Journalist und Autor, aufgewachsen uns sozialisiert in den jüdischen Gemeinschaften von Prag und Wien, hat in seinem Buch "Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten" sehr anschaulich darüber geschrieben:
"Was 'Zores' sind, weiß jeder bessere Mensch und weiß es, wenn er ehrlich ist, aus eigener Erfahrung. 'Zores', aus dem Hebräischen über das Jiddische so tief in unsern Sprachgebrauch eingedrungen, daß man sie beispielsweise in der Wendung 'Gib ihm Saures!' gar nicht mehr erkennt, sind ein Plurale Tantum und bedeuten auf deutsch ganz einfach 'Sorgen'.
Was 'Fladen' sind, dürfte weniger bekannt sein. Es wäre irrig, bei diesen 'Fladen' an die Kuh zu denken. Sie sind das jüdische Gegenstück zur Fächertorte, gehören ursprünglich eher zum polnischen als zum böhmisch-mährischen Gastronomiebereich und bestehen aus mehreren übereinandergeschichteten Lagen oder Fächern, die wiederum nichts mit dem zu tun haben, womit man sich Kühlung zufächelt (obwohl das nach dem Genuß einer richtigen, geilen Fladentorte dringend ratsam wäre). Die einzelnen Lagen werden aus Mohn sowie aus verschiedenartig präparierten Obstsorten hergestellt, immer mit einer dünnen Teigschicht dazwischen und manchmal noch mit Schokolade versetzt. Je vielfältiger die Fächer, je raffinierter ihre Zusammenstellung, desto höher die Qualität der Fladentorte. Und wenn nun eine Hausfrau (etwa Löwenthalscher Prägung) an den Rand einer weithin merkbaren Verzweiflung gerät, weil sie sich trotz stundenlangem Nachdenken nicht entscheiden kann, ob sie jetzt noch eine Lage gedünsteter Birnen dazutun soll oder nicht doch lieber gestoßene Nüsse, dann bezeichnet man die Sorgen, von denen sie da gepeinigt wird, als Fladenzores.
Es gibt solcher Fladenzores viele. Im Grunde sind sie gemeint, wenn man einem Menschen, der seine Umwelt mit ihnen belästigt, halb tadelnd und halb neidig zuruft: 'Ihre Sorgen möcht ich haben!'"
(aus Friedrich Torberg "Die Tante Jolesch", Verlag Langen Müller, 1975)
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