Ich fand das unerträglich!!! :-(((
Sie haben die Wahl: Davidstern oder Hakenkreuz?
Ausgerechnet am 20. April 2018 findet im Theater Konstanz die Premiere von George Taboris „Mein Kampf“ in der Inszenierung von Serdar Somuncu statt. In der Ankündigung zu der Inszenierung heißt es auf der Homepage:
„Die Aufführung von Mein Kampf beginnt schon mit dem Kartenkauf. Sie können sich entscheiden: Mit dem regulären Erwerb einer Eintrittskarte in der Kategorie ihrer Wahl erklären Sie sich bereit, im Theatersaal einen Davidstern zu tragen. Sie haben auch die Möglichkeit kostenlos ins Theater zu gehen: Für eine Freikarte erklären Sie sich bereit, im Theatersaal ein Hakenkreuz zu tragen. Die Symbole erhalten Sie vor der Vorstellung im Theaterfoyer. Bitte nehmen Sie diese nach der Vorstellung noch im Theater wieder ab.“
Der Regisseur des Stücks ist kein Jude. Die Mitarbeiter des Theater Konstanz sind – vermutlich – keine Juden. Es wäre auch eigentlich vollkommen unwichtig, welcher Religion die Mitarbeiter des Theater Konstanz angehören, würden sie ihre Gäste nicht dazu auffordern, Judenstern oder Davidstern zu tragen. Es kann nämlich passieren, dass Juden das Theater besuchen.
Ich finde den Gedanken, dass ein nicht-jüdisches Theater in Deutschland Juden auffordert, Davidstern oder Hakenkreuz zu tragen, höchst unangenehm.
Ein Gedanke zu wenig
Wenn Serdar Somuncu diese Erzwingung einer Entscheidung lustig findet, kann ich nur hoffen, dass er niemals „Sophies Entscheidung“ inszeniert. Man sollte dann jedenfalls nicht mit seinen Kindern ins Theater gehen.
Diese Erzwingung einer Entscheidung ist besonders unangenehm, weil sich ein Jude, der sich aufgrund seiner persönlichen Biografie nicht zu einer Entscheidung durchringen will, als Jude zu erkennen geben muss. Das ist eine höchst problematische Situation für einen Menschen, der einfach nur ins Theater gehen will, um ein Stück sehen, bei dem man annehmen darf, dass sich die Inszenierung, gerade aufgrund der Thematik, besonders sensibel mit dem Thema auseinandergesetzt hat.
Serdar Somuncu hat sich wohl wenig Gedanken darüber gemacht, was es für einen Menschen bedeutet, der Opfer des Hasses wurde und wird, der in dem Stück „Mein Kampf“ auf bitterkomische Art und Weise thematisiert wird, sich zwischen Davidstern und Hakenkreuz entscheiden zu müssen. Die Inszenierung jedenfalls erwartet nun von Juden, die das Theater Konstanz besuchen möchten, sich zu entscheiden, einen Judenstern oder ein Hakenkreuz zu tragen.
Entweder hat Serdar Somuncu nicht damit gerechnet, dass Juden in seine Inszenierung gehen, oder er lässt es an Empathie für Juden fehlen.
Auschwitz – nur noch ein Porno
Diese Inszenierung zeigt, wie weit die deutsche Vergangenheitsbewältigung mittlerweile gekommen ist. Die deutsche „Kultur“ der Erinnerung ist zu einem Rudelbums von überwiegend nicht-jüdischen Deutschen verkommen. Auschwitz ist für diese Voyeure nur noch ein Porno, um die eigene Potenz zu steigern.
Das einige Juden diesem Gangbang aus nachvollziehbaren Gründen eher fernblieben, kommt Serdar Somuncu nicht in den Sinn. Das wäre auch zu viel verlangt, wenn man bei einem Stück über Judenhass daran denken müsste, was Juden wohl dabei fühlen könnten.
Die Schwäbische hat derweil auf Facebook eine Umfrage gestartet:
„Hakenkreuzbinde oder Davidstern? Die Zuschauer im Theater Konstanz müssen sich kommende Woche beim Stück ‚Mein Kampf‘, inszeniert von Kabarettist Serdar Somuncu, entscheiden. Zu krass? Geht gar nicht. Er verhöhnt damit die Opfer. Die Kunst ist frei und darf auch weh tun.“
Diese Umfrage ist so undurchdacht wie die Inszenierung. Die beiden Alternativen widersprechen sich nämlich nicht. Beide Antworten treffen zu:
„Die Kunst ist frei und darf auch weh tun. Diese Inszenierung zum Beispiel tut weh und verhöhnt die Opfer. Das geht gar nicht, ist aber erlaubt.“