Zu der immer mal wieder diskutierten Frage nach den tatsächlichen Covidzahlen in afrikanischen Ländern gibt es jetzt eine WHO-Analyse:
https://reliefweb.int/report/world/over-two-t...
Ausschnitt:
Up to 65% of Africans have been infected by SARS-CoV-2, the virus which causes COVID-19, a World Health Organization (WHO) analysis finds.
...
The analysis revealed that the true number of infections could be as much as 97 times higher than the number of confirmed reported cases. This compares to the global average where true number of infections is 16 times higher than the number of confirmed reported cases.
Dieses "up to" ist natürlich immer etwas schwierig zu unterpretieren, denn 0,1 % würden ja auch in den Bereich "up to 65 %" fallen, aber es wird aus dem Artikel schon klar, dass es Belege dafür gibt, dass sehr viele Menschen in Afrika infiziert wurden.
Die 65 % klingen erstmal nach sehr viel, aber die Autoren der Studie gehen davon aus, dass auch im Rest der Welt fast die Hälfte der Menschen infiziert wurden:
Globally seroprevalence studies have found a significant under-counting of cases occurring across the globe with 45.2% of the world’s population estimated to have been infected with the virus by September 2021.
Die Zahl 45,2 % überrascht mich, insbesondere für den Fall, dass bei der Grundgesamtheit auch die Chinesen mitgezählt wurden. Zur "world's population" gehören sie ja und ich habe nicht weiter nachgeforscht, wie man zu den Zahlen für die Welt gekommen ist.
Zurück nach Afrika: Ich habe mir nach dem Lesen die Frage gestellt, ob es denn eine gute oder eine schlechte Nachricht für die Afrikaner ist, dass die tatsächlichen Infektionszahlen so deutlich über den nachgewiesenen liegen. Eine klare Antwort habe ich noch nicht.
In dem Artikel heiß es, dass 67 % der Fälle in Afrika asymptomatisch sind. Das ist natürlich gut, aber dann bleiben immer noch 33 % Infizierte, bei denen Symptome auftreten. Wenn 33 % der Infizierten Symptome aufweisen und 65 % der Afrikaner sich infiziert haben, dann müssten ja über 20 % der Afrikaner eine Infektion mit Symptomen gehabt haben, wobei ich nichts darüber weiß, wie schwer die Symptome waren. Tatsächlich wurde das Virus aber nur bei knapp 1 % der Afrikaner nachgewiesen, wenn ich die Zahlen richtig verstanden habe. Ein Nachweis der Infektion liegt also nur bei jedem zwanzigsten symptomatisch erkrankten Afrikaner vor.
Ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist, kann ich immer noch nicht sagen. Ihr kennt ja meine morbide Seite, die immer wieder darauf hinweist, dass die Todeszahlen auch ein wichtiges Puzzlestück bei der Betrachtung der Situation sind. In diesem Zusammenhang habe ich die Veröffentlichung (noch nicht peer-reviewed) https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.... mit dem Titel
Sustained high prevalence of COVID-19 deaths from a systematic post-mortem study in Lusaka, Zambia: one year later
gefunden. Es wurde bei 1118 Verstorbenen in einem Leichenhaus in Lusaka untersucht, ob sie mit Covid-19 infiziert waren. Ausschnitte:
From 1,118 enrolled decedents, COVID-19 was detected among 32.0% (358/1,116). We observed three waves of transmission that peaked in July 2020, January 2021, and ∼June 2021 (end of surveillance). These were dominated by the AE.1 lineage and the Beta and Delta variants, respectively. During peak transmission, COVID-19 was detected in ∼90% of all deaths. Roughly four COVID-19 deaths occurred in the community for every facility death. Antemortem testing occurred for 52.6% (302/574) of facility deaths but only 1.8% (10/544) of community deaths and overall, only ∼10% of COVID-19+ deaths were identified in life.
Die Autoren haben herausgefunden, dass bei sehr vielen Verstorbenen Covid-19 nachgewiesen werden konnte und sie behaupten, dass in sehr vielen dieser Fälle Covid die wahrscheinliche Todesursache war:
During Round 1, among those who had sufficient clinical data to allow an assessment of
causality, nearly all were judged to have probably or possibly died from COVID-19.
In Round 2, 89.3% (292/327) of deaths had sufficient data for adjudication, leaving
10.7% (45/327) that could not be adjudicated. Excluding the pediatric cases and those
with insufficient data for analysis, we were able to adjudicate 219 deceased adults. Of
these, 155/219 (70.8%) were considered ‘probably’ or ‘possibly’ due to COVID-19.
When adjusted for weighting, this proportion rose slightly to 73.9% (181/244). Thus, a
majority of evaluable adults positive for COVID-19 had a clinical syndrome implicating
COVID-19 as the cause of death
Wenn das so stimmt, dann gab es zumindest in diesem Leichenhaus in Lusaka sehr viele Tote, deren Tod auf Covid-19 zurückzuführen ist, die aber niemals in die offiziellen Covid-Statistiken für Sambia aufgenommen wurden. Daraus könnte man schließen, dass in Afrika nicht nur die Infektionszahlen, sondern auch die Todeszahlen durch Covid-19 deutlich unterschätzt wurden. Die Zahlen sind nicht auf andere Orte in Afrika zu übertragen, aber die Autoren geben gute Gründe dafür an, dass sie zumindest für Lusaka repräsentativ sind:
UTH is the main teaching hospital for the University of Zambia Medical School. Its
morgue is the largest in the city and contributes/accounts for 80% of deaths of burial
certificates issued by the council office in the city. This, plus the legal requirement to
obtain a burial certificate, most of which are obtained from the UTH medical examiner’s
office, makes it highly representative of all deaths in Lusaka.