Ich wundere mich, dass niemand dir antwortet. Dann wage ich einmal eine Aussage, allerdings eine allgemeine und nicht spezifisch auf den Figaro bezogen:

• Verkleinerungsformen auf -etto, -ello und -uccio sind oft verniedlichend. Mit einer ironischen Bedeutung fällt mir im Moment nichts ein.
• Ich würde aber nicht unterstreichen, dass die Verkleinerungsform auf -ino OFT ironisch oder sarkastisch gemeint ist. Es kommt sehr auf den Kontext und auf die gesprochene Betonung an.

Hier findest du eine einfache, kompakte zusammenstellung:

https://www.treccani.it/enciclopedia/suffissi...

Ich zitiere daraus den Absatz im Treccani, bei dem er sich zur Verwendung des diminutivo äussert:

Usi

Tra i vari usi del diminutivo ci sono anche casi che hanno una particolare funzione comunicativa:

– attenuare un ordine, addolcire una richiesta (il cosiddetto diminutivo sociale)

Sta’ fermo un attimino

È possibile avere uno sconticino?

– sminuire, almeno apparentemente, qualcosa (diminutivo di modestia)

Ho una casettina con piscina a Montecarlo

– ironizzare (diminutivo ironico)

Ha un caratterino!

Der Treccani erwähnt aber nicht, dass die ironische Verwendung besonders häufig vorkommt gegenüber den anderen.

Vielleicht war es zu Figaros Zeiten anders oder der Autor des Librettos hatte eine besondere Vorliebe für bestimmte Formen.

Liebe Arjuni,

Danke für deine Antwort :)

Angesichts deiner Beispiele halte ich die in besagtem Buch aufgestellte These jetzt auch für nicht mehr haltbar.

Ich habe mal den 1. und 2. Akt des Figaro auf all diese Endungen durchsucht, und gesehen, dass es hier eigentlich keine wirkliche Unterscheidung gibt. Dafür ist etwas anderes deutlich geworden: die weiblichen Figuren (inkl. Cherubino) benutzen Diminutive (zumindest in den ersten beiden Akten) freundlich, neckisch und liebevoll, die Männer hingegen sarkastisch, ironisch oder bösartig. Allerdings wird das aus dem Kontext heraus deutlich, nicht - wie im Buch behauptet - durch die verwendeten Endungen.

(Interessant fand ich übrigens, dass Susanna Cherubino im ursprünglichen Libretto nach dessen Fenstersprung „il picciolo demonio“ nennt; Mozart strich diesen Text eigenhändig und ersetzte ihn durch „il demonietto“. Mein Eindruck war hier, dass Mozart den ursprünglichen Text durch das -etto „verniedlicht“ hat, wohl um deutlicher zu machen, dass es nicht böse gemeint ist.)

Liebe Grüße,

Helbo

Hallo Helbo, Arjuni hat Recht:

'Ich würde aber nicht unterstreichen, dass die Verkleinerungsform auf -ino OFT ironisch oder sarkastisch gemeint ist. Es kommt sehr auf den Kontext und auf die gesprochene Betonung an'.

Nur wenige Beispiele:

• calesse (-s Gig) => dürfte man schon 'calessetto' verwendet, macht man üblicherweise nicht, man nimmt lieber 'calessino', was allein ziemlich neutral ist und nicht unbedingt ironisch (es gibt größere 'calessi', das Gig da ist einfach klein.
• viso --> 'visetto' geht schon Richtung 'sympatisch, pfiffig'; --> 'visino' wird oft verwendet, zu unterstreichen, dass die Gesichtszüge noch feiner als sonst sind.
• gonna --> 'gonnellina/gonnellino', wie calesse, man möchte nur andeuten, es gibt größere Röcke, der da ist wirklich klein oder - hier ironisch gemeint - das Bekleidungsstück ist so 'lappig', dass die Person fast nackt ist. 'Gonnelletta' allein könnte dagegen schon ironisch sein: das Bekleidungsstück verlangt ein Rock zu sein, schafft es aber nicht (zu mager...), allerdings nicht immer... Einfach als Bestätigung, dass die italienische Sprache gar nicht einfach ist.

Zum 'Teufelsduo' Wölferl und Da Ponte: Vom Kontext abgesehen, kann man die Arie gar nicht singen, wenn man 'Madama', 'marchese', 'grassa', 'magra', 'gonna' ohne irgendwelche Verkleinerungsform nimmt -:) -:)

Madamina, il catalogo è questo

delle belle, che amò il padron mio;

un catalogo egli è, che ho fatt'io.

Osservate, leggete con me.

In Italia seicento e quaranta,

in Almagna duecento e trentuna,

cento in Francia, in Turchia novantuna,

ma in Ispagna son già mille e tre!

V'han fra queste contadine,

cameriere, cittadine,

v'han contesse, baronesse,

marchesine, principesse,

e v'han donne d'ogni grado,

d'ogni forma, d'ogni età.

In Italia seicento e quaranta, ecc.

Nella bionda egli ha l'usanza

di lodar la gentilezza;

nella bruna, la costanza;

nella bianca la dolcezza;

vuol d'inverno la grassotta,

vuol d'estate la magrotta;

è la grande maestosa,

la piccina è ognor vezzosa;

delle vecchie fa conquista

pel piacer di porle in lista.

Sua passion predominante

è la giovin principiante.

Non si picca se sia ricca,

se sia brutta, se sia bella,

se sia brutta, ricca, se sia bella;

purché porti la gonnella,

voi sapete quel che fa!