#33: Haben Muttersprachler Probleme, deutsche Zahlen zu erfassen?
Ich kann mich daran erinnern, dass in der Unizeitung der TU Darmstadt (damals während meines Studiums in den 1990er Jahren) ein Jura-Professor einen Artikel eingestellt hatte, dass er für eine Sprachreform plädiere, nach internationalem Vorbild "zwanzigundfünf" statt "fünfundzwanzig" zu sagen, speziell weil es bei Zahlendiktaten regelmäßig zu Missverständnissen käme und eine 52 draus würde, wenn man nicht aufpasse. Es gab auch einige Leserbriefe in denen Leute bestätigten, dass sie ebenfalls Probleme hätten; ich schrieb einen Leserbrief, dass es wichtig wäre, die Zahl als Zahl zu erfassen, und Pseudozahlen (wie. die im Artikel genannten Postleitzahlen) als Ziffernfolgen. Wenn es eine Zahl (mit Wert) sei, sei es egal, wie man die Zahl nenne (zwanzigundfünf, fünfundzwanzig, dreißigwegfünf oder fünfhand), aber aus Gründen der Konformität sei es angeraten, beim hergebrachten "fünfundzwanzig" bleiben. Bei Ziffernfolgen ohne Wert seien eh die Ziffern einzeln zu nennen, man schreibe ja schließlich keinen Brief an die "vierundsechzigtausenzweihundertfünfundachtzig Darmstadt" sondern and die "sechs vier zwo acht fünf Darmstadt" Ich wetterte in meinem Leserbrief da eher gegen die Unsitte, Telefonnummern als "zweiundneunzig siebenundvierzig fünfzehn" vorzulesen, speziell wenn sie niedergeschrieben eh als "294 715" (also als Dreiergruppen) notiert würden.
Da der ursprüngliche Autor des Leitartikels Deutscher war, und bei den Leserbriefen nicht unbedingt von Dyslexie oder Dyskalkulie ausgegangen werden sollte: ja, es gibt anscheinend genug deutsche Muttersprachler*innen, die damit sogar ernsthafte Probleme haben, und den Aufwand einer Sprachreform nicht scheuen würden, um das umzustellen.
Soweit, von ernsthaften Problemen zu reden, bin ich in meiner #31 aber gar nicht gegangen, auch wenn Gibson meiner Aussage ein "wenigen" hinzudichtet. Ich sagte nur, dass ich weniger Probleme damit habe. Als Vergleich: ein 2-Meter Mensch hat ja auch weniger Probleme damit, Sachen aus den oberen Supermarktregalen zu holen, oder beim Bahnfahren Koffer in die obere Ablage zu hieven, als einer mit einer Körpergröße von 1,70 m, hier käme ja auch niemand auf die Idee nachzufragen "haben Bahnfahrende Probleme, ihre Koffer unterzubringen?"