Meine Wohlfühlorte sind fast immer mit Natur verbunden. Kürzere oder längere Wanderungen (Zipfelbachtal - Sehr schön!) auf der Schwäbischen Alb (vorwiegend bis jetzt Ost-, Mitllere- und Zollernalb) und im Schwäbisch-Fränkischen Wald. Schluchten, Berge, Burgruinen, herrliche Aussichten, Streuobstwiesen, Schmetterlinge und ab und zu, wenn keine Straße in der Nähe ist, auch Geräusche des Waldes nur mit Vogelstimmen gefüllt. Natur pur eben.
Da ich in der Regel das Wochenende vermeide, treffe ich unterwegs nur wenige Leute. Wenn aber doch ergeben sich oft nette und interessante Unterhaltungen, mit anderen Wanderern oder mit Einheimischen, die mir noch zusätzliche Informationen über die Ortsgeschichte oder über versteckte sehenswürdige Plätze geben. Diese Begegnungen sind einfach herzerwärmend und das Tüpfelchen auf dem i.
Ähnliches gilt für Südtirol für das Etschtal und einige Seitentäler ( z.B. das Ultental) von Meran bis Kaltern. Natur und Kultur mit vielen unterschiedlichen Eindrücken und Möglichkleiten, Essen, freundliche Menschen mit einer Herzlichkeit, die teilweise über das hinausgeht, was man für Touristen gemeinhin aufbringt.
Ansonsten sind meine Wohlfühlplätze in unmittelbarer Umgebung. In der warmen Jahreszeit sitze ich gerne mit einem Buch von spätnachmittags bis Sonnenuntergang, an eine der Säulen gelehnt, bei der Grabkapelle auf dem Württemberg. Ebenso gerne setze ich mich mit einem Buchauf eine Bank in den Hohenheimer Gärten oder auf die Wiese im Park der Villa Berg.
Echte Wohlfühlstädte könnte ich jetzt keine benennen. Nur Städte (alle in den Siebzigern - Paris, London, Wien, Amsterdam, Hamburg und Berlin), die mich auf die eine oder andere Art mehr oder weniger beeindruckt haben. Am positivsten habe ich Paris (4 mal) und London (2 mal) empfunden. Um ein Wohlgefühl zu entwickeln, war ich wahrscheinlich jeweils zu kurz dort.
Ausnahme war Cardiff Anfang bis Mitte September 1970. Meine erste Auslandsreise (über Luxemburg, Ostende, Dover London, Cardiff, Southampton, Le Havre, Paris, Stuttgart) mit einem Freund auf dessen Kleinkraftrad (Herkules K50 Sport). Ich war damals 17, er 18 Jahre alt.
Was wir dort erlebten, war einfach umwerfend. Bed & Breakfast fast mit Familienanschluss. David, ein junger Waliser in unserem Alter, der dort auch ein Zimmer hatte, nahm uns mit in Pubs, Jugendtreffs und gab uns Tipps, wo wir sonst noch hingehen könnten. Wir lernten dadurch weitere einheimische Jugendliche kennen, was dazu führte, dass wir als wildfremde Jungs von einer Familie zum Essen nach Hause eingeladen wurden. Am nächsten Tag holte der Hausherr uns zu einer Ausflugsfahrt mit seinem VW Variant in die Landschaft außerhalb Cardiffs ab. Er hatte offensichtlich ein großes Vertrauen in uns, da er seiner Tochter erlaubte mit uns (sie hätte sonst nicht gedurft) zum Disco-Abend in der Town Hall zu gehen. Da dort Krawattenzwang herrschte, lieh er uns auch noch zwei seiner Krawatten. Wir haben ihm beides, sowohl Tochter als auch seine Krawatten, wohlbehalten zurückgebracht.
Diese zwei Wochen, mit mehr Kontakten und Zuwendung von Einheimischen als wir je gedacht hätten, ließen Cardiff für mich zu einem Wohlfühlort werden. Den Wunsch, dort noch mal hinzugehen, konnte ich mir leider nicht mehr erfüllen.