Comment | #84 + #89: Das habe ich tatsächlich schon miterlebt in der Straba, wie eine jüngere Frau einem „etwas“ älteren Herrn (so richtig alt und hilfsbedürftig sah der eigentlich noch gar nicht aus, und wirkte auch noch relativ fit) ihren Platz angeboten hat. Der meinte dann daraufhin mit einem wehmütigen Lächeln: „Jetzt weiß ich, dass ich wirklich alt bin, wenn junge hübsche Frauen mir plötzlich ihren Platz anbieten...“
On topic: Harald Schmidt hat zu seinem 50. Geburtstag mal in einem Interview gesagt, seiner Ansicht nach hätte jeder Mensch ein „inneres, wahres Alter“, das mit dem biologischen nichts zu tun hat. Bei manchen Menschen wäre das ein junges Alter, bei anderen ein älteres. Er selbst hätte sich schon immer älter gefühlt, und jetzt, an seinem 50. Geburtstag, würde das innere endlich zum biologischen Alter passen.
Vielleicht ist das das Alter der Seele, oder auch einfach nur das „innere Kind“. Ich selbst habe die ähnliche Erfahrung, dass ich mich immer irgendwie „mal 16, mal 28“ fühle (ich meine von der Seele her), auch wenn ich mittlerweile darüber bin. Vielleicht hat das damit zu tun, was mir zu jeweils diesen Jahren passiert ist. Das ursprüngliche Kind ist noch so lebhaft präsent. Natürlich habe auch ich mich weiterentwickelt (hoffe ich doch zumindest), aber dieses „innere Gefühl“ ist immer noch das gleiche, im Kern meines Wesens bin ich immer noch die Gleiche wie vor Jahren, da hat sich überhaupt gar nichts verändert. Vielleicht bin ich etwas ausgeglichener geworden, aber auch immer noch genauso verletzbar. Ich bin immer noch kindlich, oft naiv, ich kann mich immer noch nicht verstellen. Und ich glaube immer noch an das Gute im Menschen.
Verändert hat sich, dass ich in sehr jungen Jahren glaubte, die Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen im Leben zu kennen, und dass die Antworten im Grunde sehr einfach sind, sich nur die meisten Menschen nicht danach richten. Ich glaubte, dass ich es besser weiß wie die Älteren, die sich ja nur angepasst und ihre Ideale von einst verraten haben. Ich glaubte, dass der Glaube Berge versetzen kann. Je älter ich werde (und je mehr ich erlebt habe), desto mehr bin ich davon überzeugt, dass ich eigentlich gar nichts mehr weiß (klingt vielleicht etwas platt, ich meine das aber tatsächlich so, ganz nüchtern). Ich bin nicht mehr so radikal in meinen Urteilen und Ansichten. Ich habe erfahren, dass es manchmal ganz anders kommt, als man gedacht hätte. Etwas, wofür ich meine Hand ins Feuer gelegt hätte, hat sich dann doch anders entwickelt – so wie ich es NIE gedacht hätte. Das hat mich verunsichert, toleranter (?) gemacht, mir gezeigt, dass ALLES im Leben möglich ist, und nichts vorhersehbar, und sich alles jederzeit ändern kann. Das war mir früher nicht so bewusst. Früher war ich überzeugt zu wissen. Jetzt bin ich überzeugt, nicht zu wissen. |
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