Lieber Marco P,
Wenn du unbedingt Schlüpfriges brauchst, kann auch "stavo mettendo .." eine Doppeldeutigkeit enthalten, denn im prepubertären Jargon "mettere" -> "mettere dentro" -> "reinstecken".
Aber wie willst du beweisen, dass der Autor sowas im Sinne hatte?
Es geht, laut dem Text, nicht um schlüpfrige Dinge, zumindest nicht im vulgären Sinn. Die Contessa und der Page Cherubino waren unmittelbar vor dieser Szene alleine, und er sagt ihr, dass wenn er wüsste, dass er gleich sterben müsse, sein Mund es vielleicht wagen würde … und dann kommt schon der Graf.
Und hier meint der Autor dieser Arbeit, dass die Gräfin sich mit ihrem „I was trying on …“ doppeldeutig verhaspelt, weil man es auch so interpretieren kann, dass sie gerade mit Cherubino etwas „versucht“ hat. Der Autor weist dabei auch noch ausdrücklich auf die Pause hin, dass die Gräfin erst nach dem "mettere" eine Pause macht, und nicht davor.
Beweisen kann man solche Interpretationen schlussendlich in den seltensten Fällen, aber um überhaupt interpretieren zu können muss man den Text genau kennen. Deswegen auch meine Frage, ob das erwähnte Zitat für sich genommen tatsächlich „probieren“ bedeutet.
Liebe(r?) Arjuni,
Ich weiss auch nicht, wieso man immer unbedingt etwas in eigentlich klare Texte hinein interpretieren muss.
Naja, es bietet sich sehr häufig an, weil Autoren und auch Librettisten gerne mit versteckten Hinweisen, Wortspielen, Doppeldeutigkeiten etc. gearbeitet haben. Schon bei Shakespeare finden sich massenweise Sätze, die oberflächlich gesehen harmlos klingen, in Wirklichkeit aber Synonyme oder Umschreibungen für ziemlich explizite (meist sexuelle) Dinge sind.
In dem Theaterstück von Beaumarchais, das als Vorlage für den Figaro diente, meint die Gräfin beispielsweise: Ah! Mon cher ruban“. Sie redet hier zwar von ihrem Band, aber „Mon cher ruban“ klingt im Französischen ausgesprochen praktisch genauso wie „Mon Chérubin“, nur das „ban“ und „bin“ am Ende klingt minimal unterschiedlich. Ob das von Beaumarchais nun so beabsichtigt war oder nicht ist eine andere Frage, aber möglich ist das durchaus, und angesichts der Tatsache, dass die Gräfin dort tatsächlich Gefühle für Chérubin hat, auch nicht so weit hergeholt.
Zudem bin ich nicht sicher, ob sich die Contessa wirklich verhaspelt, weil sie eigentlich etwas anderes sagen wollte (so dumm ist sie doch nicht); viel eher ist sie generell etwas nervös und der Conte hat sie einfach mitten im Satz unterbrochen.
Das ist tatsächlich fraglich, und wenn der zitierte Satz tatsächlich, wörtlich genommen, nicht vom „probieren“ spricht, halte ich das auch für unwahrscheinlich.
Auffallend ist bei Beaumarchais wiederum, dass die Gräfin sich gegenüber Chérubin einmal verhaspelt (bzw. sich schnell korrigiert, um sich nicht zu verraten), dort allerdings ist das offenbar und keine Interpretationssache mehr. Chérubin hat ja das Band der Gräfin entwendet und sich damit eine Wunde am Arm verbunden. Die Gräfin möchte das Band wiederhaben, er meint, es hätte aber eine besondere Heilkraft, weil SIE es getragen habe.
Daraufhin meint die Gräfin: À la première égratignure… de mes femmes, j’en ferai l’essai.
Da sagt sie „Beim ersten Kratzer …“, merkt plötzlich, was sie gerade sagen wollte, und fährt schnell fort mit „einer meiner Frauen werde ich es ausprobieren“.
Sie will – wie sich nach dieser Szene auch zeigt - das Band selbst behalten, und meint auch sich selbst. Vermutlich wollte sie sagen "Beim ersten Kratzer werde ich es ausprobieren".
Und das passiert ihr aber gegenüber einem 13 jährigen Pagen, wohlgemerkt. Also ganz unwahrscheinlich halte ich es daher nicht, dass sie sich auch bei Mozart mal verspricht.
LG,
Helbo