Comment | Zu # 61 und einigen ähnlichen Diskussionsbeiträgen
Mit meiner Methode bei Begegnungen mit Hund am Rad, siehe #11, sollte ich eigentlich ein Dankeschön für mein höfliches, rücksichtsvolles und respektvolles Verhalten, ein Lob für die gute Erziehung meiner Hunde, die niemandem auch nur auf 2 m zu nahe kommen und unbelästigtes Weiterfahren erfahren.
Aber, nein, man hält mich an, hält mich auf, erzählt mir aus dem Nähkästchen der schlechten Erfahrungen mit unfähigen Hundehaltern und deren unerzogenen Hunden oder mit Hundeliebhabern, die aus Mitleid Streuner aus anderen Ländern aufnehmen und dann mit deren erlerntem Verhalten nicht klarkommen. Und man fordert immerwährenden Leinenzwang. - Bitte, wieso von mir? Wenn ich anhalte, sitzen meine Hunde "korrektestmöglich" rechts von mir am Rad und stehen nicht auf, bevor ich weiterfahre und laufen dann "korrektestmöglich" rechts am Rad neben mir her, bis ich die Leute passiert habe. Dann heißt es "lauflauf" und dann erst laufen sie frei.
Die Angst der Leute ist, meiner Ansicht nach und aus meiner Erfahrung heraus, meist sehr übertrieben: Mir lief als 7jährigem Mädchen ein 40 kg schwerer Schäferhund über das Gesicht. Ein 40 kg schwerer Hund auf dem Gesicht eines kleinen Mädchens, das macht sich nicht gut. Meine linke Gesichtshälfte ist eine Transplantation. Mein Kiefer auf der linken Seite so verformt, dass ich Probleme mit den Zähnen habe. Der Muskel meines linken Unterlides wurde von einer Kralle zerrissen, sodass das Augenlid immer schlaff war und noch ist. (Je älter ich werde, desto schlaffer wird das rechte untere Augenlid; es gleicht sich also an.) Ich lag 6 Wochen in der Augenklinik, mit verbundenen Augen um sie ruhigzustellen, mit verbundenen Augen auch in der Zahnklinik, wo an mir "gearbeitet" wurde, ohne dass ich sehen konnte, wessen Hand mit welchem Instrument auf mich zukam und ohne zu wissen warum. 1962 hat man beim Zahnarzt mit kleinen Mädchen nicht soviel Worte gemacht wie heute. Ich habe "rumgezickt" und also hat man mich auf dem Stuhl fixiert. Da hieß es lapidar "zu Hause hast du sicher eine größere Klappe wie hier".
Sollte ich jetzt Angst haben, vor jedem Hund, dem ich das gar nicht zu verdanken habe? Der Hund, mit dem mir das geschah, der ist lange tot. Und kein anderer, mir heute begegnender Hund oder Hundehalter, hat irgend etwas damit zu tun.
Von dieser, meiner eigenen Erfahrung aus gesehen, ist es nicht nachvollziehbar, wenn jemand generell Angst vor Hunden hat, von mir ganz selbstverständlich erwartet wird, dass ich permanent auf solche Phobien Rücksicht nehme und warum ich mir bei jeder zweiten Begegnung irgendwelche Stories über Begegnungen mit unerzogenen Hunden anhören muß. Es interessiert mich nicht, ich möchte einfach nur meines Weges ziehen, doch man lässt mich nicht - es nervt. Meine Hunde sind gut erzogen, sie gehen zu niemandem hin, beschnuffeln niemanden, stupsen niemanden an und schon gar nicht springen sie an jemandem hoch. Ich selbst verhalte mich schon mehr als höflich und mehr als korrekt, gebe mir viel mehr Mühe als andere - es würde mir völlig genügen, wenn einer "Danke" sagt. Doch, nein, ... siehe zweiter Absatz.
Fahrradfahrer: Sie vergessen gelegentlich, nein, eigentlich immer, dass sie Beine haben und laufen können. Ich kauere am Boden, kuschle mit meinen Hunden und gelegentlich noch mit einigen anderen, ein Biker kommt von hinten und fährt ohne Signal an mir vorbei. Ich konnte ihn nicht sehen, gehört habe ich ihn auch nicht. Was fällt dem Biker ein? Er überblickte die Situation aus großer Distanz und stieg trotzdem nicht ab? Er ging das Risiko ein, das einer der Hunde mich umschubst und ich ihm vors Rad falle, er geht das Risiko ein, dass ihm einer der Hunde ins Rad läuft und er den Hund verletzt? Ist das höflich? Ist das respektvoll? Noch dazu, wenn er auf schmalen Wanderwegen, die er laut Waldgesetz gar nicht befahren darf, illegal unterwegs ist?
Ich habe mich aus der Diskussion bisher völlig rausgehalten. Aber nach # 61 und der Forderung nach generellem Leinenzwang möchte ich doch auch mal meine Meinung dazu sagen.
Jeder vertritt seine eigenen Interessen. Jeder "Naturnutzer" hat unterschiedliche Interessen. Aber ALLE nutzen gemeinsam die Natur. Und daraus folgt was? Leinenzwang für alle Hunde?
Oder endlich mal ein gesetzlich vorgeschriebener Sachkundenachweis vor dem Hundekauf (Herdenschutzhunde gehören nicht in Privathand!) und Hundeführerschein (es hat noch nie einem Hund geschadet, wenn sich der Halter kümmern muß.) und dann Freilauf für gut erzogene Hunde?
Hunde sind Lauftiere. Ein Schäferhund geht an einem Tag an der Herde viele, viele Kilometer und ist auch noch kopfmäßig dabei völlig ausgelastet. Ebenso kann man ihn als Blindenhund am Bügel führen - doch danach braucht er Auslauf. Ein Dackel ist ein Jagdhund mit unendlichem Mut und Ausdauer. Ein Yorkshire, ein Jack Russel, ein Beagle - Hunde generell an der Leine und damit in permanentem Triebstau (wie heißt das Wort auf Englisch) zu halten, ist schlicht falsch. |
---|