Ja, mit den Borgia hast Du wohl recht, richtiger Einwand, wobei deren Kinder und Nachkommen eher Italiener waren, da sie in Italien geboren wurden und deren Leben sich nur in Italien abspielte; sie werden in den Geschichtsbüchern in Spanien deswegen öfter als Borgia denn als Borja erwähnt. Was auch immer, zu Deinen Fragen:
Zunächst, ich bin auch Norditaliener, kann aber sehr wohl, und zwar auf Anhieb, eine mittelitalienische von einer süditalienischen Sprache auseinanderhalten; sie haben einige phonetische Gemeinsamkeiten, aber es sind völlig verschiedene Sprachen und Akzente. Im Latium spricht man komplett anders als in Apulien oder in Kalabrien, aber echt wie Tag und Nacht – was soll das übrigens mit der „betäubenden” (!) Lautstärke? Hast Du noch weitere Klischees im Angebot?
Was die Linguisten zum römischen Artikel sagen, da bin ich leider überfragt, da ich zwar ein solcher bin, aber germanische und nicht romanische Philologie studiert habe. Ich weiß nur noch, dass Einflüsse vom Spanischen oder Französischen in den italienischen Dialekten nur auf semantischer Ebene zu finden sind, sprich: es sind vereinzelte, mitunter auch mehrere Vokabeln, die in die Dialekte und auch in die Standardsprache eingedrungen sind; es betrifft aber nie die grammatischen Elemente, welche sich viel früher gefestigt haben und - in jeder Sprache - von „außen” sehr schwer anzutasten sind. Auch die Ähnlichkeiten der norditalienischen Dialekte mit dem Französischen haben nichts mit der französischen Herrschaft in Norditalien zu tun, sondern es beruhen auf viel ältere Strukturen (und Substrate), die eine dem Französischen ähnliche Entwicklung durchgemacht haben.
Rhotazismus kommt übrigens auch in norditalienischen Sprachen vor. „Insalata” ist im Piemontesischen „saroda”, „cigliegia” ist „ciresa”, nur um ein paar Beispiele zu nennen, die mir spontan einfallen.