Etwas mehr zu meiner #4: "abgehoben" kann durchaus den Aspekt von Wirklichkeitsfremdheit haben, muss es aber nicht unbedingt. In der Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung der Betroffenen tritt oft eher das Gegenteil auf oder ein: sie halten die anderen für nicht intelligent, verständig, informiert und einsichtig genug, um die Wirklichkeit überhaupt zu erfassen. Das ist eher die "durchgeistigte" Ausprägung
Insofern kann das natürlich auch zu einer ivory tower attitude gehören, aber vor allem dem Selbstbild, ein great mind mit soaring thoughts zu sein. Ich würde das eher als aloof beschreiben, manchmal auch als snooty. In m.E. jedem Fall aber ist die Denkweise elitist.
Die "68er"-(Apo)-Bewegung wurde oft so wahrgenommen, vor allem wenn sie im Habermas-Adorno-Duktus auf sprachlichen Ebenen und in Denkmodellen kommunizierte, die der breiten Mehrheit nicht zugänglich waren und bis heute selbst in vielen Wissenschaftskreisen immer noch eher der gegenseitigen Erkennung und der Ausgrenzung anderer dient.
Das ist allerdings keine Spezialität dieser Richtung, sondern findet sich in praktisch allen quasi-hermetischen Gruppen, die eine gemeinsame Weltsicht haben, egal ob das z.B. eine religiöse oder politische oder noch anders geartete sein mag. Wer die Wahrheit für sich (und seine/ihre Gruppe) gepachtet zu haben meint, tritt gegenüber anderen eben "abgehoben" auf, etwas abseitig, entrückt. Das ist mir mehrfach sowohl bei "erweckten Christen" als auch "Islamisten", Marxisten, Trotzkisten, aber genauso auch bei manchen Neoliberalen, IT-lern, militanten Veganern, und überhaupt häufig bei AktivistInnen begegnet. Zum oft aggressiven Auftreten gehört auch die Überzeugung, die einzig richtige Wahrnehmung "der Lage" oder gar der Welt als ganzer zu haben. Das hat fast immer abgehobene Züge.
Und nur der Vollständigkeit halber: Abgehobenheit ist geradezu ein Symptom des Dunning-Kruger-Effekts, mithin auch der Selbstüberschätzung. Oder ein Ausdruck "verkopften" Denkens. Oder absichtliche Selbstisolation. Oder, oder, oder.