Kommentar | Die "leyes orgánicas" sind eine bestimmte Art von Gesetzen für besonders wichtige Themen. In Deutschland gibt es nichts vergleichbares.
Dieser Gesetzestyp wird in der Spanischen Verfassung hauptsächlich geregelt in Art. 81. Daneben gibt es viele verstreute Einzelvorschriften. Für die Verabschiedung eines "ley orgánica" sind höhere Formalitäten zu beachten als für die Verabschiedung eines anderen Gesetzes.
Sie müssen entweder der "Umsetzung von Grundrechten" dienen oder sonst in der Verfassung ausdrücklich vorgesehen sein(Siehe oben den Quellennachweis). Ein Beispiel ist das Gesetz über die Organisation der spanischen Gerichte LOPJ (Vorgesehen in Art. 122.1 der Spanischen Verfassung). Ein anderes Beispiel ist das besondere Gesetz über die Organisation des spanischen Verfassungsgerichts LOTC (Vorgesehen in Art. 165 der Spanischen Verfassung). Wichtigster Fall der "leyes orgánicas" sind die Autonomiestatuten der Autonomen Gemeinschaften.
Historisches Vorbild ist das "loi organique" aus Art.46 der Französischen Verfassung.
Die "leyes orgánicas" stehen unter der Verfassung und werden durch das Spanische Verfassungsgericht aufgehoben, wenn sie gegen die Verfassung verstoßen. Die, in diesem Forum erwähnte, Übersetzung als "verfassungsändernde" Gesetze ist also auf jeden Fall falsch. "Verfassungsändernde Gesetze" sind in der spanischen Verfassung auch vorgesehen. Aber das ist etwas völlig anderes.
Wenn man jemandem, der nicht Jura studiert hat, erklären will, was die "leyes orgánicas" sind, und wofür sie gut sind, dann kann man das am besten so: Diese Gesetze sollen Fragen regeln, die für die Verfassung besonders wichtig sind, aber nicht in jedem kleinen Detail durch die Verfassung geregelt werden können. Z. B. ist die Organisation der Gerichte für die Verfassung besonders wichtig, weil dort die Unabhängigkeit der Richter sichergestellt werden muss, die auch in der Verfassung verbürgt wird. Die Verfassung selber kann dieses Thema aber nicht ausführlich bis ins kleinste Detail regeln. Sonst würde die Verfassung überfrachtet werden mit Details und ihre wichtigen Inhalte würden an Bedeutung verlieren. Auch müsste man für jede Änderung der Gerichtsorganisation (z. B. über die Bezahlung der Richter) gleich die Verfassung ändern, was sehr umständlich ist und lange dauert.
Kurz zusammengefasst: Die "leyes orgánicas" sind weniger Wert als die Verfassung selber. Aber sie sind auch mehr Wert als die einfachen Gesetze. Einfache Gesetze dürfen nicht gegen die "leyes orgánicas" verstoßen.
In deutschen juristischen Texten wird der Begriff "ley orgánica" oft übersetzt mit "Organgesetz". Aber diese Übersetzung sagt aber gar nichts aus. Ich finde die Übersetzung "organisches Gesetz" besser. Dadurch wird klar, dass diese Gesetze "organisch" wachsen und flexibel geändert werden können, wenn neue Fragen geregelt werden müssen, im Gegensatz zur Verfassung selbst, die nur sehr schwer geändert werden kann (und auch nicht so oft geändert werden sollte).
Viele Grüße :-). |
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