Auf die Gefahr hin, dass ich mich zwischen alle Stühle setze, hier meine Meinung:
Un barrio carenciado ist kein Euphemismus, weil der Ausdruck doch sagt, was er meint - dem Stadtteil fehlt etwas. Was dem Stadtteil fehlt? Infrastruktur, kurz gesagt.
Wirklich ein Euphemismus, ein Hüllwort, ist das in Peru für ein Armenviertel übliche pueblo joven. Hier wird durch die Personalisierung die Misere schöngeredet oder zugedeckt.
Woher weiß der Leser/Hörer aber, was dem Stadtteil fehlt? Er ordnet das Wort in einen Deutungsrahmen ein, den ihm seine Lebenserfahrung bietet - oder eben nicht, und dann versteht er das Wort nicht oder zumindest nicht richtig. Dieses Einordnen in einen Rahmen (engl.:frame) untersucht die sogenannte Frame-Semantik.
https://de.wikipedia.org/wiki/Frame-Semantik
Ich erlaube mir, sogar einen Wikipedia-Artikel zu verlinken, weil framing vielleicht dem einen oder anderen Leoniden noch neu ist. Der Ausdruck ist ein Frame. Die Leerstelle im Ausdruck fülle ich je nach meinem persönlichen Weltwissen.
Aber: Ich halte barrio carenciado nicht für die ideale Übersetzung! Es geht doch nicht darum, K-paxens Wortschatz um einen Regionalismus zu erweitern, sondern Vivelavie ein Wort vorzuschlagen, das auch außerhalb des Cono Sur benutzt wird.